"Eine Durchsage an die Polizei: Bitte lassen Sie die Magdeburger Spieler zu ihren Fans!" - Erinnerungen an ein bewegtes Jahr 2015


Das Fußballjahr 2015 ging vielversprechend los - mit einem 4:0 Heimsieg über die Nachbarn aus Halberstadt. Wo die Reise dann aber noch hingehen würde, haben wohl nur Optimisten zu träumen gewagt. Dass es uns allen, die wir (überwiegend) als "Generation Amateurfußball" dem Club in die entlegensten Winkel der nord- und nordostdeutschen Fußballprovinz hinterhergefahren sind, vergönnt war, mit unserem Club auf dessen 50. in einem rappelvollen und auf vier Tribünen beseelt blau-weiß jubelnden HKS anzustoßen, wahrscheinlich auch nicht. Ich hab's jedenfalls nicht kommen sehen. Und auch deswegen bin ich umso dankbarer. Doch der Reihe nach.

Die noch im alten Jahr 2014 ausgespielte Hinrunde der Regionalliga-Saison war mäßig gestartet und dann mit dem Schwung zweier sensationeller Auftritte im DFB-Pokal so langsam in Gang gekommen. Trotzdem war in der Tabelle noch reichlich Luft nach oben. Da kam die Siegesserie, die bis zum direkten Aufeinandertreffen mit dem Ligaprimus aus Zwickau anhielt (und eigentlich in Wahrheit nur von einem Sieg gegen die seinerzeit insolventen-aber-irgendwie-noch-nicht-ganz-aus-der-Wertung-genommenen Plauener "unterbrochen" wurde - das 5:0 im HKS war dann im weiteren Saisonverlauf wertlos geworden), gerade recht. Auf das 0:0 gegen die Freunde unserer "Freunde" aus Elbflorenz, dass die Tabellenführung unserer Gäste zu diesem Zeitpunkt festigte und daher vom Gästeblock auch frenetisch gefeiert wurde - mit einer großen rot-weißen Eins und einer blau-weißen Zwei, folgten weitere Siege: U.a. ein sehr überzeugendes 5:0 in Nordhausen und ein nicht weniger beeindruckendes 4:0 in Jena. Nach einem weiteren Unentschieden (1:1 gegen die Weinroten aus Berlin) gab es dann am 29. Spieltag bei der kleinen Hertha ein 4:1. Da die Konkurrenz parallel Federn ließ, bedeutete dies die vorzeitige Meisterschaft. In Zwickau bestaunen sie wahrscheinlich immer noch ihre große rot-weiße Eins...

Zum Abschluss der "Regular Season" hagelte es dann am letzte Spieltag eine Niederlage gegen den Deutschen Meister von 1908 und 1910 aus dem Westen Berlins.Rückblickend erwies sich dieser Lapsus im Rückblick saisonübergreifend als sehr ärgerlich: Eine sehr, sehr schöne Serie, in denen der Club ungeschlagen war und sein würde, war nun unterbrochen. Aber das war seinerzeit (und ist es immer noch!) eigentlich ziemlich wurscht. Denn jetzt ging's ja erst um eben jene: Zwei Spiele, in denen sich entscheiden sollte, wer sich seine soeben errungene Staffelmeisterschaft vergolden konnte.

Nach der Auslosung, die dem designierten Nordost-Meister letztlich die Kickers aus Offenbach als Gegner einbrachte, war die Anspannung groß, hatte es doch geheißen, dass die Offenbacher mit Abstand der stärkste Gegner in der Relegation sein könnten. Ob diese Befürchtung zutreffend war, wird sich wohl nie abschließend klären lassen. Eines war nach dem 1:0 im Hinspiel und dem 1:3 in Offenbach jedoch klar: Der 1. FC Magdeburg hatte sich als noch stärker erwiesen. Ein Grund mag dabei durchaus gewesen sein, dass man uns unterschätzt hatte. Zitat Offenbacher Fan-Radio aus der ersten Halbzeit des Hinspiels: "Ich glaube nicht, dass die Magdeburger das über 90 Minuten gehen können." und weiter: "Ich glaube auch nicht, dass [...] hier die Zuschauer 90 Minuten durchbrüllen." - Beide Einschätzungen lagen so fern von der Realität, wie es eben nur sein konnte. Im Ergebnis waren nicht nur jede Menge Bier (und auch Tränen) vergossen, literweise Schweiß ausgeschwitzt und tausende Kilometer auf Autobahnen und in Zügen zurückgelegt. Es waren vor allem 24 Jahre Amateurfußball Geschichte. Nach den naheliegenden und unmittelbaren Freuden- und Glücksgefühlen und natürlich auch einer gehörigen Portion Erleichterung stellte sich in den Tagen und Wochen nach dem geglückten Aufstieg vor allem ein Gefühl ein: Stolz. Und dieser hält auch bis zum heutigen Tage an.

Viel Zeit, sich von den Strapazen des Aufstiegs und des Weges dorthin zu erholen, blieb den Sommer über nicht. Die neue Spielklasse brachte es mit sich, dass wesentlich mehr Spieltage zu absolvieren waren und so ging es keine acht Wochen nach dem Krimi zwischen HKS und Bieberer Berg wieder los. Dem offensichtlich sehnsüchtig erwarteten FCM wurde die Ehre zu Teil, dass Saisonauftaktspiel ausrichten zu dürfen. Das allein war schon Grund zum Feiern genug. Als dann dieser unnachahmliche Lars Fuchs kurz vor Schluss das Leder in die Maschen versenkte und so den ersten Dreier im Profifußall klarmachte, war es um die Beherrschung ein weiteres Mal geschehen. Für eine Nacht durften wir sogar Tabellenführer sein!

Es folgten zahlreiche weitere Höhepunkte: Ein Derbysieg, der trotz Rückstand in über 70minütiger Unterzahl errungen wurde. Ein 3:0 gegen Osnabrück mit einem heimlichen "Tor des Monats" durch Beck, einem weiteren 3:0 gegen Münster, bei dem man erstmals erleben durfte, was es heißt, wenn unter über 16.000 Zuschauern in blau und weiß exakt 16.000 Fans in blau und weiß sind. Der erste Auswärtssieg ließ dann doch recht lange auf sich warten, konnte aber immerhin auch noch in diesem Jahr eingefahren werden. Ihm folgte ein Jubiläumsspiel, das seinesgleichen sucht: Nachdem sich die Mitwirkung von drei Tribünen beim Anfeuern und Abfeiern schon als beeindruckend erwiesen hatte, zog es beim letzten Spiel vor den Feiertagen allen Anwesenden die Schuhe aus. Was da auf den Rängen geboten wurde, war Weltklasse! Die Mannschaft ließ sich dann nicht lange bitten und trug mit dem 3:1 gegen die Bundesligareserve aus Mainz ihren Teil zur vorgezogenen Geburtstagsfete bei.

Am 22. Dezember feierte der 1. FC Magdeburg sein 50jähriges Bestehen - zuerst mit geladenen Gästen und dann mit den Fans. Einen würdigeren sportlichen Rahmen hätte es dafür wohl nicht geben können: Der Club überwintert auf Platz 4 der Tabelle und macht Lust auf den Rest der Rückrunde. Wo's für uns und unseren Verein im neuen Jahr hingeht, können wir noch nicht absehen. Aber es besteht die Hoffnung, dass das Saisonziel Nichtabstieg bald erreicht sein könnte. Was dann kommt, werden wir sehen. Oder um es mit den Worten eines Sportschau-Reporters zu sagen: "Die Magdeburger Raupe Nimmersatt frisst sich weiter durch die 3. Liga." Wir sind stolz und freuen uns auf ein erfolgreiches Jahr 2016 in blau-weiß!

Und dann war da natürlich noch Dankbarkeit. Ich wiederhole es daher gern: Danke all jenen, die dieses unglaubliche Jahr ermöglicht haben: Die Mannschaft, der Trainerstab, die übrigen Vereinsverantwortlichen. Danke all jenen, die uns auf dem Weg hierher unterstützt haben - ganz gleich, ob Clubfan oder uns anderweitig verbunden. Ein ganz besonderer Dank geht aber natürlich - ich kann es gar nicht oft genug wiederholen - an alle Mitstreiter bei Spreefeuer: Die Zeiten waren anstrengend und nervenaufreibend, aber ein Zwischenziel ist erreicht! Mal sehen, was die Zukunft für uns bereit hält.

BWG
Der Präsident


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